Hallo meine Lieben! Heute poste ich einen wohl etwas anderen Blogpost von mir. Es ist ein Thema, welches überaus persönlich ist, doch ich will euch damit zeigen, dass auch ich nicht immer HealthphiloSophie bin. Natürlich schreibe ich in meinem Blopost nur über positive, motivierende und aufheiternde Dinge, aber das führt oft zu einem Glauben, dass alles in meinem Leben perfekt und einfach wäre. Das kann oft eine Art von Verzweiflung bei Lesern hervorrufen. Warum geht das bei mir nicht so leicht? Warum macht mir das nicht Freude? Warum kann ich mich nicht immer für Sport und gesunde Ernährung begeistern? Fakt ist: Es war und ist auch für mich nicht immer einfach. Ich habe auch meine Geschichte. Eine Geschichte die mich bis heute begleitet, aber aus welcher ich nur stärker wurde und diese möchte ich heute mit euch teilen…..
Es ist eine lange Geschichte, doch noch länger trage ich es schon in mir: Meine Krankheit /meine, so nenne ich es, Störung.
“Sophie, geh´ nicht immer so schnell!” höre ich immer wieder Leute zu mir sagen, die verzweifelt versuchen meinem Schritttempo nachzukommen. Ich war und bin schon immer sehr schnell unterwegs, wie als wäre ich vor etwas auf der Flucht.
Ich bin auf der Flucht! Auf der Flucht vor mir selbst. Und lange war ich auf der Flucht, die Wahrheit zu erkennen bzw. die Wahrheit wahr haben zu wollen.
Ich leide seit meinem 14. Lebensjahr unter einer Essstörung.
Heute bin ich 26 Jahre alt und werde erst seit gut einem Jahr psychologisch betreut und unterstützt. Viel zu spät, das weiß ich heute, denn ich habe mich erst nach 10 Jahren Kampf mit mir und meinem Körper, jemandem anvertraut. Das war alles andere als leicht. Mein Freund und heute Verlobter, war der Erste und lange Zeit Einzige, der davon wusste. Ihm vertraue ich, bei ihm fühle ich mich sicher und das habe ich gebraucht – einem Menschen dem ich alles anvertraue und zu dem ich immer ehrlich sein werde.
Es begann als ich 14 Jahre alt war. Meine Eltern standen vor den Brüchen ihrer Ehe, Streit und Hass schmückten jeden Tag und schließlich die schmerzhafte Trennung/Scheidung, aufgrund Betrug und Verlogenheit meines Vaters. Alles zerbrach, wir (meine 2 Schwestern und Mama) waren plötzlich alleine und ich verlor meinen Vater und jeglichen Kontakt zu ihm. Meine Mutter empfand nur noch Schmerz und konnte sich zu der Zeit nur wenig um uns und unsere Ängste kümmern. Ich war mitten in der Pubertät, eine Zeit wo ich als Papakind, meinen Vater gebraucht hätte.
Ich hasste mich, ich dachte ich sei Schuld, ich dachte ich sei nicht liebenswert und auch nicht wichtig für meinen Vater. Heute weiß ich, das bin ich wirklich nicht . Ich kam mit meinen Gefühlen nicht klar und fing an meinen Körper zu hassen, als er anfing sich zu verändern. Ich hatte niemanden mit dem ich darüber sprechen konnte und fing an Essen zu streichen. Das Essen widerte mich an, mich widerte alles an, ich verlor mein Lächeln und meine Unbeschwertheit und fand meine Leichtigkeit darin, nichts zu essen. Es wurde zu einer Form von Ablenkung von allem was mein Vater kaputt gemacht hatte. ich beschäftigte mich nur noch mit dem Thema Essen und abnehmen und fand für mich eine neue Freundin namens “Anorexia nervosa” – die Magersucht. Die Kilos schwanden, ich wurde immer dünner und niemanden viel es auf, niemandem viel mein Hilferuf auf, niemand sah wie ich unter all dem litt.
Irgendwann war es nicht mehr zu verstecken, doch anstatt Hilfe bekam ich nichts als anwidernde Bemerkungen und Schuldzuweisungen. Ich soll doch meiner Mama nicht auch noch das Leben schwer machen. Ich wurde noch dünner. Bei einer Größe von 1,69m wog ich zu diesem Zeitpunkt nur noch 47 Kilo.
“Wird Sophie bald sterben?” hörte ich meine damals meine 9 jährige Schwester zu meiner Mama sagen. Ich bekam Angst! Sterben? Nein, ich wollte doch nur wieder die glückliche und unbeschwerte Sophie sein. Aber es kam anders. Da ich nicht vorhatte zu sterben fing ich wieder an zu essen. Doch es war kein normales Essen, meine Magersucht verwandelte sich zu einem Binge-Eating und enormer Sportsucht. Ich nahm zwar an Kilos zu, verlor aber noch mehr an Lebensqualität. Der, von mir selbst verlangte Perfektionismus, wurde immer größer. Ich wurde zur Einser-Schülerin und gab in meinem Leben keinen Platz für Freizeit oder Freunde.
Aber ich fand immer mehr Leidenschaft zu Tanz und Ballett. Das war ein Stück Rettung für mich. Ich tanzte und plötzlich fand ich mein Lächeln wieder. Ich fand eine andere und gesündere Leidenschaft. Ich habe, zumindest in der Zeit wo ich tanzte, meine Unbeschwertheit wieder entdeckt. Wenn ich tanzte, strahlte ich, wenn ich tanzte lebte ich und fing an mein Leben wieder zu lieben. Ich hatte ein neues Lebensziel, mein Ehrgeiz war riesig, ich wollte unbedingt Tanz studieren, das war mein Traum, ich wollte auf Bühnen stehen und lachen. Meine Familie sah andere Wege für mich, ich musste Kindergartenpädagogin werden, der Job war sicher und ich konnte mein eigenes und sicheres Geld verdienen. Tanzen war für meine Familie (abgesehen von meiner Mama) nur irgendeine Tanzerei, ein Herumgehopse und nichts von dem man Leben konnte. Das konnte ich mir früher viel von meinem Vater anhören, obwohl ich kaum noch etwas mit ihm zu tun hatte. Ein Grund warum niemand zu sämtlichen Aufführungen kam und mir zusah. Niemand wollte mich tanzen bzw. lachen sehen. Ich bekam Aufmerksamkeit wenn ich gute Noten brachte und über den Kindergarten erzählte und ich bekam Ignoranz und Schweigen, wenn ich versuchte leidenschaftlich über das Tanzen zu erzählen.
Ich tanzte weiter, aber aß nicht weiter. Ich fand wieder Zuspruch von meiner Freundin “Anorexia nervosa”. Ich versuchte von meiner Familie zu flüchten, flüchtete aber in schlechte Beziehungen, flüchtete in Schmerz und in ein Gefühl dauerhaft zu versagen und alles falsch zu machen. Es wurde alles noch schlimmer, ich erfuhr sexuelle Übergriffe, war schwach gegenüber dem männlichen Geschlecht, ich war wehrlos, ich war einsam und konnte mich wieder nicht selbst retten. Ich rutschte immer tiefer und auch meine Essstörung fand ihren Höhepunkt, denn ich rutschte in die Bulimie. Eine der schlimmsten und längsten Strafen, für mich, überhaupt. Alles was mir weh tat, alles was ich nicht verstanden habe, alles was mich anwiderte, musste oben wieder raus. Jeder Tag fühlte sich wie sterben an. Vieler meiner Träume zerplatzten durch diese Krankheit, auch mein angefangenes Modestudium konnte ich nicht zu Ende bringen.
Es war wieder das Tanzen was mich ein Stück aus meinem Tief rettete. Zu dieser Zeit tat mir niemand weh, widerte mich nichts an und ich war glücklich. Ich hatte unglaublich tolle Tanzlehrer, die an mich glaubten und mir in diesem Sinne enorm weiterhalfen. Ich bin ihnen überaus dankbar, denn mein Leben machte nur so einen Sinn. Meinen einstigen Traum konnte ich zwar nicht verwirklichen, dafür fand ich leider keine Kraft und auch null Selbstwertgefühl. Doch ich lernte mir neue Ziele zu setzen und ich lernte das Wichtigste in meinem Leben kennen – die Liebe meines Lebens. Plötzlich war da jemand, jemand der dich so nimmt wie du bist, jemand der nicht weg ging, wenn es schwierig oder unangenehm wurde, jemand der dich wirklich liebt und versucht zu verstehen.
Es brauchte seine Zeit, ich musste erst vertrauen lernen, doch ich wusste, dieser Mensch verdiente die Wahrheit. Es war eines der größten Dinge in meinem Leben, die ich richtig gemacht hatte, ich vertraute mich jemanden an und war bereit Hilfe in Anspruch zu nehmen. Erst mit 24 Jahren wagte ich den Schritt zu meiner vertrauten Hausärztin, erst da sprach ich auch offen und ehrlich mit meiner Mama darüber und erst dann bekam ich Hilfe durch ein Programm, dass sich auf Essstörungen spezialisierte. Ich bin seit dem wöchentlich in Therapie und habe eine Psychologin gefunden, bei der ich mich nicht für mein Verhalten schäme – eines der wichtigsten Dinge überhaupt wenn es um Essstörungen geht: Man muss sich nicht dafür schämen!
Ich war viel zu lange in einer Essstörung, sodass es kaum bzw. nur schwer möglich ist, mich für immer von ihr komplett zu verabschieden. Aber, sie lernen zu akzeptieren und endlich eine gesunde Lebenseinstellung zu bekommen, war es mehr als wert. Ich lernte mich selbst zu verstehen und ich lernte wieder Leichtigkeit und Unbeschwertheit in mein Leben zu lassen. Ich lernte zu lieben, ich lernte mich besser kennen und ich lernte mein Verhältnis zum Essen, nicht von irgendwelchen Menschen, Meinungen oder schlechten Ereignissen abhängig zu machen.
Das Allerschönste jedoch, was ich lernte, war selbst bestimmend zu sein und das zu tun, was MICH glücklich macht. Ich machte eine Ausbildung zur Fitnesstrainerin und gründete mein eigenes Training, nur für Frauen “Sophie´s Ballettoning.” Ich baute meinen eigenen Blog auf, der sich rund um gesunde Ernährung und einen fitten, gesunden Lifestyle dreht.
Wie kann ich so einen Blog führen und selber an einer Essstörung leiden? Ich wusste immer, wie es richtig geht, ich wusste immer, was es bedeutet einen gesunden Lifestyle zu leben und kannte mich mehr als gut, mit einer gesunden Ernährungsweise aus. Ich schaffte es nur nicht immer selbst so zu leben, da meine Psyche keinen Frieden fand. Ich weiß nun viel darüber Bescheid, was unser Körper braucht, was gesund für ihn ist. Anstatt meinen Körper zu hassen, habe ich ihn lieben gelernt – auch wenn mir das nicht immer leicht fällt, aber für uns Frauen ist es leider immer wieder schwierig. In meinem Blog wollte ich immer über die Leichtigkeit schreiben, die ich lange gesucht habe und step by step, immer mehr in mein Leben lasse und mit meinen Lesern teilen möchte!
Genau das ist der Grund warum ich mich hier und heute entblöße und die komplette Wahrheit sage. Ich weiß, dass es ganz viele Frauen und ja auch Männer, da draußen gibt, die auch nicht im Reinen mit sich und ihrem Leben sind. Ich weiß, dass es ganz viele gibt, die selbst an einer Essstörung leiden, sich damit alleine fühlen und nicht in der Lage sind, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Und hier will ich sagen: Bitte nehmt Hilfe in Anspruch und lasst euch helfen! Ich habe nun verstanden, dass Perfektionismus nicht alles ist. Ich habe akzeptiert, mir Fehler zu erlauben und nicht immer 10000 % geben zu müssen. Ich habe sehr viele Freunde verloren, in dieser Zeit. Es macht mich noch immer traurig, aber das Gefühl nun selbst bestimmend zu sein, nicht immer nur zu Geben sondern auch zu Nehmen und ganz einfach so zu sein wie ich eben bin, ist mehr wert als alles andere auf der Welt! Viele hielten das nicht aus und wollten von mir immer nur die fröhliche und lustige Sophie. Doch das war lange nur eine Fassade, eine Maske die ich abgelegt habe .Ich weiß jetzt wer mir gut tut und wer nicht und ich weiß meine Essstörung tut es nicht!
Somit danke an alle, die mich auch trotz meiner Fehler so nehmen wie ich bin und danke an all diejenigen, die mich auf diesen schwierigen Weg begleitet und zu mir gehalten haben – vor allem du Lucia <3! Danke an dich Flo – du hast mich aus meinem schlimmsten Tief gerettet und tust es immer noch ! Du lässt nicht zu, dass ich mich vor mir selbst verstecke, du lässt mich einfach sein! Deine Liebe gibt mir so viel Kraft! Und danke Mama – dich habe ich, in meinen schwierigen Phasen immer am meisten gebraucht, du hast immer an mich und meine Träume geglaubt. Ich weiß, dass du immer für mich da bist!
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